Unser finaler Aufstieg, Teil 2 – Uhuru Peak


Ich höre Stimmen… im Halbschlaf zwar, aber ich bin mir sicher. 😝 Und ich rieche Ingwertee. Und tatsächlich, es ist 22.00 Uhr und unsere „Kellner“ stehen mit heißem Tee vor unserem Zelt, um uns zu wecken. Wir brauchen ein paar Minuten, um uns zu sammeln aber dann wird es uns schlagartig klar. Jetzt geht es wirklich, also wirklich wirklich los.

Chris hat nach eigenen Empfinden nicht schlafen können und ich kann es gar nicht genau sagen. Ich hoffe es einfach. Aber eigentlich ist es auch egal. Ich bin nicht ein Stück müde und es wird bis Morgenmittag so bleiben, aber das weiß ich zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht.

Gemäß den Empfehlungen unserer Guides ziehen wir uns unsere 6 Schichten an:

  • 1 lange Merino/Polyester Unterhose
  • 1 lange Leichte Baumwoll/Fleece Unterhose
  • 1 Skihose
  • 1 langes Merino Unterhemd
  • 1 Fleecejacke
  • 1 Windshell Jacke
  • 1 leichte gefütterte Jacke für Chris und für mich:
  • 1 dreiviertel lange Merino Unterhose
  • 1 lange Merino/Polyester Unterhose
  • 1 Skihose
  • 1 Unterhemd ohne Ärmel
  • 1 langes Merino/Polyester Unterhemd
  • 1 langes T- Shirt
  • 1 Fleece Jacke
  • und endlich, meine superwarme Daunensteppjacke 😁

Und natürlich haben wir beide unsere Softshell- und dicken Daunenhandschuhe, sowie eine Strick/Fleecemütze mit. (Infos zu einzelnen Bekleidungsstücken findet ihr zum Beispiel hier oder kontaktiert uns gern, dann gibt’s konkrete Infos zu den von uns verwendeten Marken etc). Wir geben insbesondere deshalb so gern Auskunft dazu, weil wir der Meinung sind, dass unsere Ausrüstung neben unseren Guides einen entscheidenden Teil zu unserem Erfolg beigetragen haben.

Dazu kommen im Rucksack 2 Liter Wasser in der Trinkblase und warmes Wasser in der Thermoskanne. Ich hätte auf die Thermoskanne gern verzichtet, weil sie, obwohl sie grundsätzlich echt leicht ist, sich im Rucksack dennoch unangenehm schwer anfühlt. Das es gut war sie trotzdem mitzunehmen werden wir aber später noch feststellen. Außerdem gibt es für jeden einen Verpflegungsbeutel mit den bekannten Glucose-Keksen, einem Äpfeln, Schokolade. Da ich möglichst wenig Gewicht tragen wollte, war die Überlegung alles bis auf den Apfel und die Kekse im Camp lassen. Aus einer Laune heraus hab ich dann doch noch die Schokolade eingepackt. Zudem hatten wir unsere Nuss- und Energieriegel mit, die wir extra bis zum Aufstieg aufgehoben haben.

Exakt um 22.39 Uhr setzte sich unsere Truppe in Bewegung. Begleitet von 7 Guides. durchqueren wir zunächst das ganze Base Camp durchqueren. Überall spürt man die gleiche angespannte Aufregung. Von allen Seiten reihen sich die Grüppchen im Gänsemarsch in einen nicht endenden wollenden Strom gen Gipfel.
Nach dem Camp beginnt der eigentliche Aufstieg. Es geht als erstes relativ steil über ein größeres steinernes Feld.

Wir sind keine 500m unterwegs, da bekomm ich einen derartigen Schweißausbruch, dass ich keinen Schritt mehr gehen mag. 🥵 Ich bitte um eine kurze Pause, damit ich mich einiger meiner Bekleidungsschichten entledigen kann, sonst komm ich nicht definitiv nicht oben an. Aufgrund der Überwärmung geht mir zeitgleich der Kreislauf im Gegensatz zur Temperatur runter. Das mir das als Prototyp einer Frostbeule jemals im Leben passiert, daran hätte ich vorher auch nie geglaubt. 🫢Aber unser Trip birgt halt so einige Überraschungen. 🙃 Interessanterweise bin ich nicht die Einzige, der es so geht. Auch der Mount Everest Basecamp erfahrene Kanadier ist froh, sich einiger Schichten entledigen zu können.

Besser durchlüftet und angenehm temperiert kehren auch die Lebensgeister schnell zurück. Und so laufen wir. Langsam aber stetig dem Gipfel entgegen. Nach dem großen Stein-/Geröllfeld windet sich der Weg nun serpentinenartig in Richtung Gipfel. Vom Untergrund ist es loses kleines Geröll, welches aber gut festgetreten ist und sich doch recht gut laufen lässt.

Und so ziehen sich die Stunden in Richtung Gipfel. Immer wieder passieren wir Personen, die es vermutlich nicht bis zum Gipfel schaffen werden. In völliger Dunkelheit, nur spärlich mit Stirnlampen im Dunst der Wolken beleuchtet, ergibt das schon ein bizarres Bild. So gg. 24.00 Uhr machen wir eine erste Pause. Im Gegensatz zu den anderen Tagen, werden unserer Pausen bis zum Gipfel meist nur 5 Minuten betragen. Aber mehr braucht es auch nicht. Wir versuchen etwas zu trinken und zu essen. Während Chris froh um die Energieriegel ist, fällt es mir mit den Sachen zum Kauen schwerer. Und siehe da auf einmal bin ich froh, doch noch die Schoki eingepackt zu haben. Die funktioniert für mich super. Einfach im Mund schmelzen lassen… perfekt. 😊

Offenbar kennt man auch in Afrika die zeit der „toten Augen“. 👀 Jedenfalls stimmen unsere Guides plötzlich zwischen 3.00 Uhr und 4.00 Uhr ihre uns bekannten Gesänge an. Und so leid es mir tut, aber es ist mit Worten nicht zu beschreiben, was das mit einem macht. Der Rhythmus der Lieder, die gleichmäßigen Schritte, der Berg und Chris an meiner Seite (okay hinter mir) ergeben ein emotionales Konglomerat, welches nicht in Worte zu fassen ist. Fast eine Stunde lang bringen einen die Jungs so immer näher in Richtung Gipfel. Noch sind es mindestens 3 Stunden bis zum Gipfel.

Ab 6.00 Uhr verfärbt sich der Himmel immer mehr und bietet uns ab 6.30 Uhr, ca. 35 Minuten Gehzeit unterhalb des Stella Points einen spektakulären Sonnenaufgang.

So genießen wir eine letzte Pause bevor wir den vorletzten Abschnitt in Angriff nehmen. Das ist auch der Moment, in dem wir feststellen, dass das Wasser in den Trinkblasen – trotz Thermobag und Neoprenummantelung – eingefroren ist. Gut, dass wir dann doch die Thermoskannen hatten. Und noch besser sind Guides, die einem beim Anziehen der Handschuhe helfen, weil man, trotz Warnung, die dicken Handschuhe zu spät anziehen will und die Finger schon eingefroren sind 😝. Diesen Fehler wird Chris vermutlich nicht noch einmal machen 🤣😜.

Das Geröll weicht einer Wand aus Lava in der sich der Weg in Richtung „Stella Point“ schlängelt.

Um 7:09 Uhr erreichen wir „Stella Point“ auf 5.756 m. Allerdings empfängt uns hier eine böse Überraschung. Das Wetter ist umgeschlagen. Es herrscht ein eisiger Wind und Temperaturen um die Minus 15 Grad. 🥶 In Sekundenschelle ist alles was nicht verdeckt oder irgendwie feucht ist, mit Raureif überzogen.

Unsere Guides drängen daher auf einen schnellen Weitermarsch. Und so machen wir uns auf zur finalen Etappe. Gedanklich war ich da irgendwie der Annahme, es läuft so wie in den Alpen 😝. Man erreicht den nächstgelegenen Punkt unter dem Gipfelkreuz und muss dann schnell noch mal 50 Meter hoch zum Kreuz. Das es hier nicht so ist, hätte mir eigentlich klar werden müssen, als die Guides uns sagen, ab hier sind es noch ca. 45 Minuten. Aber offenbar hatte sich das klare Denken schon verabschiedet. 🤯 Und noch nie hat sich ein Weg gefühlt so in die Länge gezogen. Es geht zwar im Vergleich zum reinen Anstieg nur noch moderat aufwärts, aber man erwartet hinter jeder Biegung eigentlich das Ziel und es kommt einfach nicht… 😵 Um Chris zu zitieren, „man wankt auf Stammhirnbasis dem Gipfel entgegen“. Tatsächlich läuft man wie auf „Autopilot“ und hofft, bald ebenso beseelt wie die entgegenkommenden Menschen auszusehen. Hin- und Rückweg zwischen Stella Point und Uhuru Peak ist der gleiche Weg. Auf diesem entsteht eine Art verschworene Gemeinschaft. Alle die es geschafft haben und einem nun entgegenkommen, feuern ein an und machen einem Mut. Allerdings sagen sie einem auch, es ist auch gar nicht mehr weit… 🤣😝🤪

Und dann ist es 8.14 Uhr tatsächlich soweit, Wir haben es wirklich geschafft!

Wir stehen am höchsten Punkt Afrikas. Alles ist vergessen, wir liegen uns in den Armen und genießen den Augenblick.

Da uns der Wettergott nicht wohlgesonnen ist, können wir leider nicht so lange auf dem Gipfel bleiben, wie wir gern gewollt hätten (wobei man dort auch bei schönem Wetter nur maximal 20 Minuten zubringt). Auch den Gletscher können wir nur erahnen. Aber es reicht, um jede Menge Erinnerungsfotos zu machen. Und überhaupt, bei schönem Wetter, das kann ja jeder. 🤪


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